"Kickls Anspruch: Wählt mich – nicht weil ich regieren will, sondern weil ich gut kritisieren kann"
Gerne zitiere ich Norbert Rief hier zur Gänze:
"Herbert Kickl ist ein Mann für viele Fälle. Lässt man ihn eine Regierung verhandeln, agiert er staatsmännisch, überlegt sich, was er sagt, gibt sich versöhnlich. Stellt man ihn auf ein Podium in der Jahnturnhalle in Ried im Innkreis vor ein paar hundert begeisterte Anhänger, beschimpft er den Bundespräsidenten als „Mumie“, verunglimpft ihn als „senil“ und beschreibt den Bundeskanzler als eine „Plage der Nation”.
Das war vor zwei Jahren. Am vergangenen Mittwochabend war der FPÖ-Chef zurückhaltender, für seine Verhältnisse sogar gemäßigt. Er müsse ja aufpassen, dass „ich nicht wieder alles z’ammhau, was ich mir die letzten Monate an Seriosität erarbeitet habe“, meinte er gleich einleitend. Keine Sorge, Herr Kickl, die Seriosität ist auch so dahin!
Stellen wir den Auftritt in Ried in den richtigen Rahmen: Hier wettert jemand gegen die Regierenden, der selbst nicht bereit war, Verantwortung zu übernehmen. Der Verhandlungen offiziell auch deswegen platzen ließ, weil ihm das Innenministerium nicht zugestanden wurde – obwohl ihm vom Bundespräsidenten abwärts von Anfang an klargemacht wurde, dass man dieses Ministerium nicht in FPÖ-Hand haben möchte.
Vielleicht hat er die Gespräche eher deswegen platzen lassen, weil er mit seiner Work-Life-Balance die Wochenenden lieber in den Bergen verbringt, als als Bundeskanzler auf Empfängen und bei EU-Tagungen. Oder auch, weil Kickl genau weiß, dass man in Zeiten wie diesen in einer Regierung nichts zu gewinnen hat.
Es ist schon sehr billig, wenn man sich jetzt hinstellt, eine Dolchstoßlegende erschafft („Ich wollte die Österreicher nicht verraten“), die Regierung und ihr Programm – das zugegebenermaßen in dieser Konstellation der kleinstmögliche Kompromiss ist – kritisiert und verspottet. Herbert Kickl hat die Chance gehabt, es besser zu machen. Die ÖVP ist für die Verhandlungen mit ihm über große Schatten gesprungen (was in Folge Christian Stocker wohl auch für ihn selbst überraschend zum Bundeskanzler gemacht hat).
Wenn sich Kickl als „Noch-Nicht-Kanzler“ bezeichnet, hat er etwas nicht verstanden: Eine absolute Mehrheit wird die FPÖ nicht erreichen. Die Chance, mitzuregieren, war für ihn noch nie so groß wie jetzt. Und mit welchem Anspruch will er denn in die nächste Wahl gehen? Wählt mich – nicht, weil ich gestalten will, sondern weil niemand so gut kritisieren kann wie ich. Das ist ein bisschen wenig."