Unkrautzupfen um 1,50 Euro pro Stunde?
Tulln positioniert sich als die Gartenhauptstadt Österreichs. Viele wunderbare Grünflächen wurden in den letzten Jahren neu angelegt, diese gilt es zu pflegen. Das hat sich als hartnäckige und schwierige Aufgabe herausgestellt, zumal wir als erste "Natur im Garten - Stadt" auf chemische Unkrautvernichter verzichten. Viele Hände sind daher gefragt, die immer öfter bei großer Hitze, bisweilen zwischen Rosenstacheln (und manchmal leider auch Hundekot) das widerspenstige Gewächs entfernen. Große Nachfrage nach diesen Jobs gibt es nicht.
Wir waren daher sehr froh, dass sich in den letzten drei Jahren Asylwerber für diese Gartenarbeit freiwillig gemeldet hatten und insgesamt rund 8.700 Stunden zur Verfügung standen. Einige wenige haben unsere Arbeitsanforderungen nicht erfüllt, viele hingegen hätten wir gerne länger engagiert, was jedoch gesetzlich nicht möglich ist: Asylwerber dürfen im Regelfall nicht mehr als 110 Euro pro Monat verdienen. Von 2016 bis Mitte 2018 bezahlten wir einen Stundenlohn von 3,50 Euro, ab 1. Juli 2018 erhöhten wir auf 5 Euro, da wir mit den Leistungen zufrieden waren.
Für die Stadtgemeinde hatte die Beschäftigung der Asylwerber in erster Linie Vorteile. Zum einen standen für die dringend notwendige Gartenarbeit Arbeitskräfte zur Verfügung, die wir sonst nicht gehabt hätten und das zu Bedingungen, von denen jeder Arbeitgeber nur träumen kann: Billigster Stundenlohn, Einsatz nur bei Bedarf, keine Belastungen durch Urlaubsansprüche und Krankenstand. Die berechtigte Frage, ob diese Arbeitsbedingungen eine Ausbeutung darstellten, blieb jedoch eine theoretische. Die Asylwerber waren eher froh, zumindest ein paar Stunden im Monat eine sinnvolle Aufgabe zu haben, anstatt im Quartier in die Luft zu schauen. Es schien mir, als wäre unsere Regelung gerade noch in einer moralischen Balance.
Dieses Gleichgewicht wird nun mutwillig durch die Pläne, den Stundenlohn der Asylwerber gesetzlich mit 1,5 Euro zu limitieren, zerstört. Es ist keinem Menschen zumutbar, um einen Stundenlohn, der in Österreich nichts anderes als entwürdigend ist, zu arbeiten.