Tulln wird ein Ort der Zuversicht bleiben.

20. Jan. 2024

Ich habe mich sehr gefreut, dass rund 800 Besucherinnen und Besucher das Neujahrsteffen besucht und mir Aufmerksamkeit für folgende Rede geschenkt haben:

"Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich, ich freue mich, dass Sie heute hier sind. Viele von Ihnen sind Stammgäste dieses Neujahrstreffens, andere sind heuer erstmals Teil dieser versammelten Gemeinschaft, die sich durch ihr großes Interesse an der Entwicklung unserer Stadtgemeinde auszeichnet.

Für mich verwandelt sich dieses wunderschöne Atrium durch Ihre Anwesenheit, durch Ihre Aufmerksamkeit und durch die vielen Gespräche im Anschluss in ein Kraftfeld, das in der Lage ist, in die gesamte Stadtgemeinde auszustrahlen

Diese Kraft braucht es auch. Seit 14 Jahren findet dieses Neujahrstreffen statt, aber noch nie bot der Blick am Jahresbeginn über die Stadtgrenzen hinaus so viele unerfreuliche Aussichten.

2024 ist nicht nur bloß ein weiteres neues Jahr, sondern es sind 366 Tage in einer Welt, die sehr viele brisante Fragen aufwirft. Schauen wir es uns aus drei Perspektiven an: Erstens, was umgibt uns wirtschaftlich, zweitens, was gesellschaftlich und drittens, was politisch?

Ich beginn mit erstens: Die Wirtschaftsforscher sprechen davon, dass heuer die Inflation in Österreich weiterhin höher sein wird als im europäischen Durchschnitt. Die Gesamtteuerung seit dem Jahr 2019 wird die 30 Prozent-Marke übersteigen. Das WIFO hat kurz vor Weihnachten prognostiziert, dass sich die Konjunkturerholung verzögern wird. Besonders bange Blicke sind auf die Bauwirtschaft gerichtet, wo die Auftragslisten kurz und die Sorgenlisten lang sind.

Zweitens, schauen wir gesellschaftlicher Situation an. Wir sehen echt problematische Konflikte und Spaltungen wie etwa in den USA. So weit sind wir in Österreich zwar noch nicht, aber Meinungsforscher erheben eine Polarisierung, die deutlich zunimmt. Extremismusforscher stellen besorgniserregend fest, dass seit ein paar Jahren immer mehr radikales Gedankengut von verschiedenen Seiten in die Mitte der Gesellschaft vordringt. Einen wesentlichen Beitrag zur Polarisierung leisten sogenannte Soziale Plattformern, über die sich tendenziöse Propaganda sowie verschwörungstheoretischer Unfug mühelos verbreiten lässt.

Gegen die Desinformation im Internet gibt es scheinbar kein effektives Mittel. Im Gegenteil: Durch die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz bei der Erstellung von Texten, Bildern, Stimmen und Videos können wir von einem sicher ausgehen: Das Internet bleibt ein hoch gefährlicher Ort für unsere Demokratien.

Drittens zur politischen Situation: In sehr vielen Ländern stehen Wahlen an, gefährliche Wendepunkte drohen. Morgen finden Wahlen in Taiwan statt und danach stellt sich die bange Frage, wie China darauf reagieren wird. Im Herbst wählen die USA. Gewinnt Trump, könnte Europa einen berechenbaren Partner verlieren. Und nicht zuletzt stehen die Europawahl und die Nationalratswahl an. Viele Kommentatoren meinen, ob sie recht haben, werden wir sehen, dass es zu einem extremen Rechtsruck kommen wird.

Ich habe Ihnen nun drei Gründe für Pessimismus genannt, drei Gründe, die uns umgeben, drei Gründe aus der ganzen Welt. Aber schauen wir jetzt auf Tulln: Keiner der drei Gründe macht mich für Tulln nachdenklich. Ich bin überzeugt, dass unsere Stadtgemeinde ein Ort der Zuversicht bleibt, eine Stadt, in der ein gutes Leben weiterhin möglich ist.

Denn, wir in Tulln sind anders! Das sage ich nicht, weil ich überheblich oder idealistisch bin, das sage ich, weil ich realistisch bin. Weil wir aus drei Gründen anders sind, und zwar wenn es ums Gestalten geht, wenn es ums Wirtschaften geht und wenn es um die Lebensqualität geht.

Ich beginne mit dem Gestalten. Wir unterscheiden uns, weil wir Schwerpunkte setzen, die unsere Stadt braucht. So wie ein erfolgreicher Mensch immer danach trachtet, der Gestalter seines eigenen Lebens zu sein, geben wir uns auch in der Stadtgemeinde eine Entwicklungsspur vor und verfolgen diese konsequent. Wir schauen nicht bloß zu, was geschieht, wir gehen voran.

  • Wir gestalten die Wahrnehmung von Tulln im ganzen Land. Stichwort: innovativ, dynamisch, pionierhaft, über sich hinauswachsend – die Gartenstadt Österreichs
  • Wir gestalten lebendige Treffpunkte und Orte der Begegnung, wir gestalten eine Innenstadt, die jede und jeder als ihre und seine erlebt. Stichwort: Ein großes gemeinsames Wohnzimmer und ein großer gemeinsamer Garten.
  • Wir gestalten innovativen Klimaschutz. Stichworte: Größte Energiegemeinschaft Österreichs, enormen Ausbau der Photovoltaikanlagen und Superwärmepumpe für das Rathaus.
  • Wir gestalten die Raumordnung. Stichwort: „Innenverdichtung statt Außenerweiterung“ und wir gestalten auch das Bevölkerungswachstum: Stichwort: Langsamer wachsen und Wohnraum für jene schaffen, die weiterhin hier leben möchten, wie zum Beispiel junge Erwachsene.

Dazu ein interessantes Detail: Im vergangenen Jahr wurden etwas mehr als 100 neue Wohneinheiten fertiggestellt, gleichzeitig wuchs die Bevölkerungszahl nur um 17 Personen, das entspricht 0,1 Prozent.

Während also das Bevölkerungswachstum, wie gewünscht, gedrosselt wird, wächst die Tullner Wirtschaft, und damit bin ich beim zweiten Punkt, weshalb ich zuversichtlich bin. Denn wir sind anders, wenn es um Wirtschaft geht, denn wir fördern Wirtschaft, die viel schafft, die Neues und Breite schafft.

Deshalb setzen wir weiterhin auf unser Unternehmensservice im Rathaus als Anlaufstelle für alle Tullner Unternehmer.

Deshalb kaufen wir vor Ort ein. Die Aufträge der Stadtgemeinde an Tullner Unternehmen lagen im Jahr 2023 wertmäßig bei 11,7 Millionen Euro und waren damit deutlich höher als die Kommunalsteuereinnahmen von 7,8 Millionen.

Wir setzen weiterhin nicht nur auf ein professionelles, im Rathaus geleitetes, Innenstadtmarketing, wir gestalten das gesamte Zentrum als Einkaufsattraktion. Denn dort, wo es schön ist, lebt es sich nicht nur gut, dort kauft man auch gerne ein.

Wir setzen weiterhin auf eine gezielte, selektive Betriebsansiedelung, und zwar in erster Linie auf Betriebe mit hoher Wertschöpfung. Damit gelingt es uns auch, mit unseren Böden sorgsam umzugehen.

Wir setzen weiterhin auf den Ausbau des Campus Tulln, mit der Universität, dem IFA, der Fachhochschule, dem Haus der Digitalisierung, dem Technologiezentrum und dem Makerspace in der ehemaligen Landwirtschaftlichen Fachschule, wo faszinierendste Produkte entwickelt werden: Etwa Mikroben die CO2 aus der Atmosphäre holen, oder grüne Antriebssysteme für Anwendungen im Weltraum, oder ein aus rein ökologischen Holzfasern hergestelltes Gel entwickelt, das Wasser speichern und Pflanzen über Dürreperioden retten kann. So werden in Tulln Arbeitsplätze der Zukunft geschaffen!

Vielleicht erinnern Sie sich in diesem Zusammenhang noch an meine Rede im Vorjahr, in der ich meinen Wunsch nach einem Informatikstudium in Tulln ausgesprochen habe, weil digitale tertiäre Ausbildungsmöglichkeiten IT-Fachkräfte vor Ort bringen, was wiederum Unternehmen im digitalen Bereich anzieht. Nun ist es gelungen, dass ein entsprechendes Studium zur Genehmigung eingereicht wurde. Drücken Sie uns die Daumen, die Akkreditierung könnte noch im Jänner erfolgen. Fix ist bereits, dass der heuer an der HAK gestartete DigBiz-Zweig, in dem Software Engineering auf HTL-Niveau unterrichtet wird, die Schülerzahl massiv steigen ließ und die jungen Damen und Herren begeistert.

Nun der dritte Grund, weshalb wir anders sind: Wir sind innovativer, wenn es um Lebensqualität geht. Wir sind nicht nur eine grüne Stadt, wir sind viel mehr als eine Farbe, wird sind ein Vorbild – und das ist eine klare Positionierung!

Tulln gilt als Pionier in ganz Österreich, aktuell wegen der Neugestaltung des Nibelungenplatzes, die eine außergewöhnlich hohe mediale Resonanz hat. In der ORF-Sendung Report und sogar im europäischen Qualitätssender ARTE wurde Tulln als Vorbild hervorgehoben. Ebenso in Ö1, in der Tageszeitung „Die Presse“, den Salzburger Nachrichten und das Nachrichtenmagazin Profil widmete Tulln einen zweiseitigen Artikel – eine bessere Anerkennung und Werbung gibt es wohl kaum.

Mittlerweile gibt der Baufortschritt am Nibelungenplatz schon ein wenig preis, welch wunderbarer Ort der Lebensqualität hier rund um das Rathaus gestaltet wird. Gemeinsam mit dem Hauptplatz, mit der Donaulände entsteht ein tolles Ensemble in der Innenstadt. Auch mit dem St. Helena Park in Langenlebarn und dem Park in der neuen Siedlung in Neuaigen setzen wir ein wichtiges Grundprinzip einer lebenswerten Stadtgemeinde um, dass es nämlich möglichst viele öffentliche Plätze gibt, die den sozialen Zusammenhalt fördern.

Wir sind aber nicht nur wegen des schönen Erscheinungsbilds ganz vorne, wenn es um Lebensqualität geht, sondern auch weil wir:

  • Erstens mit einem enormen finanziellen Aufwand attraktive Freizeitbereiche anbieten. Das Hallenbad, die Sauna und der Eislaufplatz haben in den letzten Wochen einen großartigen Besucherrekord erzielt. Ich denke weiters an das Aubad, die neue BMX-Bahn mit einem modernen Parcour, die Skaterbahn, den Wasserpark und sehr viele Spielplätze samt Fußball- und Basketballplätzen.
  • Zweitens weil wir Kultur für alle im Programm haben: Etablierte heimische Chöre, Schauspielgruppen, die Stadtkappelle, sowie hochwertiges Kabarett im Danubium, Stars auf der Donaubühne, die heuer ihr 25jähriges sehr erfolgreiches Bestehen feiert.
  • Drittens bieten wir eine umfangreiche Betreuung für Kinder und Jugendliche in unseren Kindergärten, Schulen und im Jugendzentrum an. Heuer wird mit der Fertigstellung der neuen Sonderschule, die 8,8 Millionen Euro kostet, eine weitere wichtige und notwendige pädagogische Einrichtung in Betrieb genommen. Auch für Senioren gibt es wichtige Angebote, zum Beispiel im Treffpunkt in der Nibelungengasse oder die Pflegeberatung.
  • Viertens ist nun auch der innerstädtische öffentliche Verkehr seit der Inbetriebnahme von LISA auf einem sehr kundenfreundlichen und attraktiven Niveau.
  • Fünftens findet sich ein vielfältiges und sehr gut gefördertes Vereinsleben in Tulln und in den Katastralgemeinden, das einlädt, mitzumachen und mitzugestalten. An dieser Stelle bedanke mich sehr herzlich bei allen ehrenamtlichen Funktionären, die Großartiges leisten – denn nicht weniger als 2.400 Kinder und Jugendliche erleben dadurch eine sinnvolle Freizeitgestaltung und soziale Verbundenheit.
  • Und um das halbe Dutzend voll zu machen, der sechste Punkt: Unsere Infrastruktur ist krisensicher, beispielsweise ist die Trinkwasserversorgung sowie das Kanalnetz für einen Blackout gut gerüstet. Zudem können wir uns stets auf unsere bestens ausgerüsteten Feuerwehren verlassen. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei allen Feuerwehrkameradinnen- und -kameraden sowie deren Kommandanten für die unzähligen ehrenamtlichen Übungs- und Einsatzstunden.

Ich habe Ihnen nun drei Themenblöcke genannt: Gestalten, Wirtschaften und Lebensqualität. Es gibt noch einen, und der ist der wichtigste: Wir sind anders, wenn es um Zusammenarbeit geht.

Ich beginne ich mit der Zusammenarbeit zwischen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtgemeinde mit ihren Kunden, also mit allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Ich freue mich, dass dazu viel Lob von der Bevölkerung ausgesprochen wird, im Rathaus, beim Bürgerservice, am Bauhof, in den Schulen, in den Kindergärten oder auch im Büro der Tulln Energie. Bei letzterer kommt dann auch noch die Freude dazu, dass die Strompreise niedriger sind, das hat sich besonders bezahlt gemacht als andere Anbieter, 60, 70 Cent pro Kilowattstunde verlangt haben. Der derzeitige Tarif der Tulln Energie beträgt 13,90 Cent pro Kilowattstunde, das ist sehr günstig, wie ich finde.

Zurück zur Zusammenarbeit beziehungsweise zum Miteinander der Bewohner selbst. Wir nennen uns „Stadt des Miteinanders“, weil es uns ein gemeinsames Anliegen ist und weil Sprache Realität erzeugt. Unter diesem Dach ist in den letzten fünf Jahren schon so viel Beeindruckendes entstanden, das wirksam ist für ein respektvolles Zusammenleben. Dazu zählen:

  • 5 x die Auszeichnung unserer „Helden der Herzen“ mit 254 unterschiedlichen Nominierten
  • 35 „Tulln zu Gast“-Nachbarschaftstreffen mit insgesamt 610 Gästen
  • 30 Termine in der Sprechstunde Nachbarschaftskonflikte
  • über 100 Grätzlfeste mit fast 7.000 TeilnehmerInnen – allein 2023 waren es 37 Grätzelfeste
  • Veranstaltungen der „Spirituellen Brückenbauer“
  • Neue, von BürgerInnen initiierte Projekte – ein Reparaturcafe, ein Spieletreff, eine Trommelrunde, gemeinsames Kochen und einiges mehr.

Wie erfolgreich wir damit sind, zeigt sich daran, dass die Tullner Initiative „Stadt des Miteinanders“ im Frühjahr sogar im deutschen Fernsehen präsentiert wird. PROSIEBEN wird eine Reportage im Hauptabendprogramm mit dem Titel „Wie gehen wir eigentlich miteinander um?“ ausstrahlen. Die Redaktion hat uns dazu geschrieben: „Unser Film behandelt die Verrohung der Gesellschaft und die, zumindest gefühlt, ständig aggressivere Stimmung zwischen den Menschen. Um aber nicht 90 Minuten nur schwarzzumalen möchten wir Tulln und das Projekt der Stadt des Miteinanders als Positivbeispiel im Film platzieren und zeigen, dass es eben auch anders geht, wenn Menschen mehr miteinander als gegeneinander agieren.“

Ich freue mich natürlich, dass diese Initiative, die ich vor 6 Jahren ins Leben gerufen habe, und die kompetent von der Kollegenschaft betreut wird, eine derartige Resonanz erhält.

Es ist mir zudem ein großes persönliches Anliegen, dass die Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien im Tullner Gemeinderat funktioniert. Erfreulicherweise sind rund 90 Prozent der Gemeinderatsbeschlüsse einstimmig. Mir ist wichtig, dass wir nicht gegeneinander arbeiten, weil wir miteinander mehr weiterbringen. Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern des Gemeinderates, die diese Haltung stützen, denn wir sind alle nur einem verantwortlich, nicht einer Partei, sondern Ihnen beziehungsweise dem Kollektiv aller, die hier leben: In Tulln, Langenlebarn, Neuaigen, Trübensee, Mollersdorf, Nitzing, Frauenhofen, Staasdorf und Kleinstaasdorf.

Das Vertrauen in die Tullner Politik ist sehr hoch. 2024 soll es noch weiter steigen, durch noch genaueres Zuhören, welche Fragen, Anregungen und Sorgen unsere Mitbürger beschäftigen. Echtes Zuhören schafft Vertrauen und Vertrauen schafft Sicherheit. Ich werde daher im neuen Jahr zu sehr vielen Bürgerversammlungen einladen, verteilt im gesamten Stadt- und Gemeindegebiet. Gemäß des Jahres 2024, werden 20 im ersten Halbjahr und 24 im zweiten Halbjahr stattfinden. Ich lade selbstverständlich die Vertreter aller Parteien herzlich ein, mit mir gemeinsam diese Reise durch die gesamte Gemeinde anzutreten. Die Stationen und Termine werden noch koordiniert und nach den Semesterferien vorgestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Die Welt wird keine einfache sein im Jahr 2024. Aber wir in Tulln sind anders, wenn es um das Gestalten, um das Wirtschaften, um die Lebensqualität und um die Zusammenarbeit geht. Und aus diesen Gründen schaue ich mit Zuversicht ins neue Jahr. Die Zeit können wir uns nicht aussuchen. Was wir in Tulln daraus machen, schon.

Und deshalb sage ich: Unsere Stadtgemeinde ist ein guter Platz für das neue Jahr.

Und als Bürgermeister erlaube ich mir den Nachsatz: Vielleicht sogar der beste Platz im neuen Jahr.

Ihnen und Ihren Familien ein glückliches, zufriedenes und vor allem gesundes neues Jahr!

Herzlichen Dank für Ihre Zeit."