"Wer lieben kann, ist glücklich."

24. Dez. 2024

Hermann Hesse hat den Text „Wer lieben kann, ist glücklich.“ geschrieben. Ich will daraus einige Passagen heute, am Heiligen Abend 2024, aufgreifen und mit meinen Gedanken verbinden. Wenn ich Ihnen damit ein Geschenk bereite, wäre es mir eine große Freude.Hesse schreibt: „Wo irgend ich etwas auf Erden sah, das man 'Glück' nennen konnte, da bestand es aus Empfindungen. Geld war nichts, Macht war nichts. Man sah viele, die beides hatten und elend waren. Schönheit war nichts, man sah schöne Männer und Weiber, die bei aller Schönheit elend waren. Auch die Gesundheit wog nicht schwer; jeder war so gesund, als er sich fühlte, mancher Kranke blühte bis kurz vor dem Ende vor Lebenslust, und mancher Gesunde welkte angstvoll in Furcht vor Leiden hin.“Worüber verfügen also jene, die nicht elend sind? Sie besitzen den größtmöglichen Reichtum, den es gibt – den inneren Reichtum. Für mich ist dafür zentral das Gefühl wertvoll zu sein, unabhängig von Vermögen und Ansehen. Die Psychologen nennen dies Selbstwertgefühl, es ist wohl untrennbar verbunden mit der Fähigkeit zu lieben. In dieser Weise sehe ich jedenfalls den folgenden Satz von Hesse: „Jede Bewegung unsrer Seele, in der sie sich selber empfindet und ihr Leben spürt, ist Liebe. Glücklich ist also der, der viel zu lieben vermag.“Viele freuen sich, wenn Sie sich das eine oder andere leisten können. Ewig hält diese Freude jedoch nicht an, bald braucht es den nächsten Einkauf, um happy zu sein. Wer hingegen die Fähigkeit hat, seinen eigenen Wert zu spüren, hat einen ständigen Grund zur Freude. Glücklich ist, wer empfindsam ist, für sich, für andere und für die Dinge dieser Welt.Diese innere Harmonie, die bei jedem wohl Höhen und Tiefen kennt, ist für mich enorm wichtig, um in der Familie, im Freundeskreis oder in der Gemeinschaft etwas Positives zu bewirken. Hesse schreibt dazu: „Wenn der Mensch "gut" sein kann, so kann er es nur, wenn er glücklich ist, wenn er Harmonie in sich hat. Also wenn er liebt.“Man mag nun in unserer aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeit einwenden, dass solche Gedanken im Moment Luxus seien. Ich meine jedoch, es gibt immer Zeit für beides, für die harte Arbeit und das Nachdenken – fürs Transpirieren und fürs Philosophieren.Hermann Hesse wurde durch seine Erfolge wohlhabend, aus seiner Jugend wusste er hingegen, was es bedeutet, um seinen Lebensunterhalt zu kämpfen. Dennoch bezeichnete er Erwachsene, die auf das Materielle fixiert waren, als Kindermenschen. Er meinte jene, die mit der Oberfläche zufrieden sind, wenn sie materiell gut dastehen, gut essen und trinken können. Für ihn waren es Personen, die noch nicht erwachsen geworden, auf dem Weg zu sich selbst sind oder in einer Phase steckenblieben, in der ihnen, wie man modern formulieren könnte, kritische Selbstreflexivität nicht möglich ist[1]Genau in diesem Zusammenhang verstehe ich folgenden Satz von Hesse, der für mich alles auf den Punkt bringt: „Für jeden ist das einzig Wichtige auf der Welt sein eigenes Innerstes – seine Seele – seine Liebesfähigkeit. Ist die in Ordnung, so mag man Hirse oder Kuchen essen, Lumpen oder Juwelen tragen, dann klang die Welt mit der Seele rein zusammen, war gut, war in Ordnung.“Und so wie Hesse, verzeihen Sie meine Anmaßung, meine auch ich: Was ich soeben zitiert habe, ist die einzige Lehre der Welt. Dies sagte Mohammed, dies sagte Buddha, jeder in seiner Theologie – und natürlich auch Jesus.Ich wünsche Ihnen zu Weihnachten, dass Ihre Liebesfähigkeit „in Ordnung“ ist. Zu sich selbst, zu anderen und zu den Dingen dieser Welt.1] Vgl. Prof. Dr. Andreas Meier: https://www.uniwuppertal.de/de/transfer/wissenschaftskommunikation/jahr1...