Wie politisch ist das Projekt "Stadt des Miteinanders"?
In den kommenden Tagen wird an alle Haushalte eine Broschüre über unser Projekt "Stadt des Miteianders" versendet. Ich nehme das zum Anlass, hier erneut ein paar Gedanken dazu zu schreiben.
Es ist mir wichtig, dass die „Stadt des Miteinanders“ nicht in parteitaktische Debatten verwickelt wird. Das heißt jedoch nicht, dass die „Stadt des Miteinanders“ kein politisches Projekt ist. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist ein zutiefst politisches Projekt, denn es ist die ureigenste Aufgabe der Politik, und jetzt zitiere ich den Benediktinerpater Anselm Grün, „die Gemeinschaft zu fördern, damit das Miteinander gelingt. Damit diese Gemeinschaft eine Zukunft hat.“
Der Begriff Politik kommt vom griechischen Wort Polis, das Stadt bzw. Gemeinschaft bedeutet. Mein politischer Leitsatz lautet seit jeher: Politik soll die Menschen zusammenführen. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe, denn es gibt für jedes Problem tatsächlich objektiv mehrere mögliche Lösungsansätze, unterschiedliche legitime Standpunkte. Was tatsächlich richtig gewesen ist, das stellt sich oft erst im Nachhinein heraus. Wichtig ist, dass jede Entscheidung aus einer humanistischen Grundhaltung abgeleitet wurde.
Mit dem Projekt „Stadt des Miteinanders“ wollen wir die Einstellung bzw. das Bewusstsein in Tulln fördern, dass Menschen, die aufeinander zugehen, sich selbst etwas Gutes tun, und gleichzeitig die Stadt positiv weiterentwickeln. Mir ist klar, dass viele Menschen, mit ihren Sorgen und Verletzungen, genug mit sich selbst zu tun haben. Aber gerade auch für diese Menschen bietet eine „Stadt des Miteinanders“ viele Vorteile und Halt.
Mit ist auch klar, dass man nicht alle Menschen, die in derselben Stadt leben, kennen und mögen kann. Aber die Grundhaltung ist wichtig: Gehe ich auf Menschen eher zu oder will ich grundsätzlich mit niemandem etwas zu tun haben? Die Psychologie hat eine klare Antwort, welche Grundhaltung die gesündere ist.
Es geht darum, sich um Gerechtigkeit zu sorgen. Wobei es nicht nur um die unabdingbare soziale Gerechtigkeit geht. Es geht vielmehr auch darum, sich selbst als Mensch gerecht zu werden, seine eigene als auch die Würde des anderen zu sehen. Schon in der Bibel steht: Wer Gerechtigkeit sät, wird Frieden ernten.
74 Jahre herrscht nun Friede im Land. Das ist kein Zufall. 74 Jahre haben sich Menschen bemüht, ein Miteinander in Europa zu gestalten. Es gab, gibt und es wird immer wieder Phasen geben, in denen Verblendete dieses Friedensprojekt in Europa gefährden.
Jede Gemeinschaft sollte daher achtsam sein, damit das Verbindende stärker als das Trennende ist. Gerald Hüther hat in unserer ersten größeren Gesprächsrunde vor rund zwei Jahren gesagt: „Wenn Menschen, die unterschiedlich sind, wieder anfangen, miteinander zu arbeiten und darüber nachdenken, wie sie sich gegenseitig ergänzen können, der eine mit dem anderen – es entsteht eine Dynamik und eine Entwicklung. Als Nebeneffekt dieser Art des Umgangs entsteht sogar wirtschaftliche Prosperität.“ Hüther weiter: „Kommunale Intelligenz entsteht nicht dadurch, dass man besser verwaltet, sondern es kommt dadurch, dass man die Menschen befähigt, sich hier als Lebensgemeinschaft zu gestalten.“ Wenn uns das in Tulln gelingt, dann hat die Politik das höchste Ziel erreicht, es entstünde etwas Pionierhaftes.